Ein Vermächtnis für das Dorf
Die siebzehnjährige Marlene Hesser erinnert sich an Weihnachten 1944 und das Kriegsende in Zilshausen.
Im vergangenen Jahr, am 20.11.2023, verstarb im Alter von 96 Jahren Marlene Böhmer, die den älteren Zilsern ihr Leben lang als „Hiestasch Maria“ bekannt gewesen ist. (siehe auch „Erinnerungen“, Kapitel 2 „Wem bes dou da?“ – Hausnamen) Zwar verbrachte sie ihre Kindheit in Bonn und lebte später in Mannheim, aber „Heimat“ war für sie immer das Dorf, aus dem ihre beiden Eltern, Anton Hesser und Rosa Ketter stammten, und wo sie bei ihrer Tante „Lien“ (Wilhelmine) die Ferien verbrachte und mit Nachbarn und Verwandten an Alltag, Festen, aber auch am harten bäuerlichen Leben und Arbeiten im Dorf teilnahm.
In ihrer Rentenzeit kehrte Marlene mit ihrem Mann, Dr. Manfred Böhmer, in das Dorf und das Haus im Balduinseck zurück. Gemeinsam verfassten sie in dieser Zeit den zweiten Teil der Dorfchronik, der mit den im Dorf zusammengetragenen Bildern und Berichten der ältesten Dorfbewohner an die Ereignisse und Entwicklungen des Dorfes im vergangenen Jahrhundert erinnert.
Schon viele Jahrzehnte zuvor hatte Marlene als Schülerin zwei Berichte zum Zilser Dorfleben verfasst, die aber nie veröffentlicht wurden, sondern stillschweigend in einer Schublade des alten Sekretärs im Wohnzimmer ruhten. Nach ihrem Tod im November 2023 beschlossen ihre Kinder, diesen Schatz aus der Vergangenheit dort nicht länger verstauben zu lassen und ihn mit den Bewohnern von Zilshausen zu teilen.
Eines der Heftchen, „Heimat“, beschreibt das Leben im Dorf in den frühen 40er Jahren, das zweite „Rückblick auf das Jahr 1944-1945“ schildert die Dorfereignisse unmittelbar vor bis nach dem Kriegsende.
Die Texte, die von ihr liebevoll mit Bleistiftzeichnungen illustriert wurden, verfasste die damals kurz vor dem Abitur stehende Schülerin in einem sehr persönlichen Stil. Vermutlich deswegen gab Marlene sie nie an andere Interessierte weiter. Aber gerade diese sehr persönlichen Erinnerungen aus einer bewegten und geschichtsträchtigen Zeit machen das Erzählte so anschaulich und lebendig, dass man sich beteiligt fühlt. Die Beschreibung der Flüchtlingssituation, der Soldaten, die sich in den Weihnachtstagen 1944 auf dem Rückzug befanden und vor allem der Bombenangriffe auf Zilshausen gehen unter die Haut, und es scheint gerade bei den heutigen Entwicklungen ein guter Zeitpunkt, diese beiden Zeitzeugenberichte von Marlene der Zilshauser Gemeinde zugänglich zu machen.
Auch wenn sie die beiden Heftchen zu ihren Lebzeiten nie veröffentlicht hat, würde sich Marlene sicher freuen, dass ihre Lebensgeschichte im Gedächtnis von Zilshausen auf diese Weise erhalten bleibt.